Treffen @ KISS am Dienstag, den 09.07.2024 (18 Uhr): Verantwortung versus Resignation

Ein Stichwort, welches immer wieder im Diabetes-Management aufkommt ist der Begriff „Kontrolle“. Manche Leute fragen zum Beispiel nach, ob der Diabetes denn „in Kontrolle wäre“ oder ob der Diabetes gut „kontrolliert sei“. Die meisten Menschen verstehen ziemlich wenig dabei — zum Beispiel wie schwierig es sein kann, den Diabetes sozusagen „in Kontrolle“ zu haben, zu halten, welche Schwierigkeiten damit verbunden sein könnten, usw.

Ab und zu reagieren sogar Menschen erstaunt, dass ein Mensch mit „kontrollierten“ Diabetes sich darum kümmern muss. Sie fragen dann vielleicht nach: „Ist dein Diabetes denn nicht gut kontolliert?“ Die Antwort: „Ja, er ist — denn ich kontrolliere ihn“ klärt scheinbar vielen Menschen wenig auf.

Da Menschen mit Diabetes sich entweder viel oder auch nur wenig um ihren Diabetes kümmern, gibt es entweder einen relativ gut kontrollierten Diabetes oder auch einen relativ schlecht kontrollierten Diabetes. Kontrolle sagt eigentlich fast gar nichts darüber aus, wie gut oder schlecht der Diabetes eingestellt ist, sondern in erster Linie, ob der Mensch mit Diabetes relativ viel oder nur relativ wenig sich darum kümmert.

Manche Menschen scheint es schwierig zu sein, die Verantwortung für ihr eigenes Diabetes-Management zu übernehmen. Sie ziehen es vielleicht vor, wenn ein Arzt oder ein Berater sagt, was in irgend einer bestimmten Situation getan werden soll. Oder vielleicht neigen sie dazu, zu meinen dass ein Medikament nicht wirkt, ein Apparat nich ordentlich funktioniert, oder eben den Fehler irgendwo im Bereich „Technik“ zu sehen.

Solche technische Fehler sind bestimmt nicht auszuschliessen, aber auch darum muss der Mensch mit Diabetes sich selber kümmern. Wenn irgend etwas nicht klappt, dann wenn der Mensch mit Diabetes die Hände in die Luft wirft, dann ist das vielleicht kurzfristig einfacher als das Problem zu lösen versuchen, aber solche Resignation ist auf keinen Fall eine „gute“ Lösung für eine „gute“ Diabetes-Einstellung.

Gleichermassen, wenn ein Mensch mit Diabetes einen „Notfall“ erlebt, dann ist es keine gute Lösung, solch einen Notfall lediglich überlebt zu haben. Daraus sollte der Mensch mit Diabetes versuchen zu lernen, sodass in Zukunft weitere Notfälle möglichst selten (oder vielleicht sogar überhaupt nicht mehr) vorkommen.

Quelle: https://www.quarzglas-heinrich.de/de/loesungen

Meine Meinung als Mensch mit Typ-1 Diabetes wurde zensiert

Ich habe mich stark gemacht für Menschen mit Typ-1 Diabetes — und meine Meinung wurde zensiert.

Es geht um ziemlich genau die Frage, die wir uns in diesem Monat als Schwerpunkt setzen: Diabetes + Abhängikeit (inbesondere von Technologien).

In einer Sendung im Radio wurde das Thema Smartphones in der Schule behandelt, in der Silke Müller ein neues Buch zum Thema vorstellen sollte. Weil die Sendung „Fragen an den Autor“ heisst, habe ich angerufen, um eine Frage zu stellen. Ich sagte, ich müsste aber auch zum Kontext meiner Frage einiges sagen, und darauf hin wurde mir gesagt, ich sollte das kürzen (oder ich dürfte meine Frage gar nicht stellen).

Ich habe es drastisch verkürzt und erneut angerufen. Ich habe die Frage erneut gestellt, und sie wurde dennoch zensiert.

Hier ist die gekürzte Fragestellung, die trotzdem nicht gefragt werden durfte:

Sie adressieren eine Riesen-Problematik, und ein simpler Lösungsansatz könnte Deutschland eventuell noch weiter in den Rückstand versetzen als es ohnehin schon ist. Ich werde später heute die Weite dieser Problematik auf europa.politics.blog kurz darstellen.

Dennoch: Sie sollten bedenken, dass Smartphone-Technologien in manchen Fällen aus medizischen Gründen angewendet werden. Ich selber leite die Selbsthilfegruppe im Saarland für erwachsene Menschen mit Typ-1 Diabetes, „Die Glyklichen“. Typ-1 Diabetes tritt in den meisten Fällen bei Kindern und Jugendlichen auf, und wird heutzutage sehr oft mit Hilfe von Smartphone-Technologien (also mit sogenannten „Apps“) behandelt. Ich selber bin eher kritisch zu dieser Entwicklung eingestellt, aber ich bin auch besorgt, dass wenn Smartphone-Technologien einfach pauschal verboten würden, dass dadurch Kinder und Jugendliche von diesen medizinischen Anwendungen ausgeschlossen würden.

Können Sie sich vorstellen, die Kenntnisse von Kindern und Jugendlichen zum Thema Internet noch intensiver voranzutreiben?

europa.politics.blog/2023/08/06/silke-muller-wir-verlieren-unsere-kinder

Als Quellenangabe habe ich nun die etwas umfangreichere Version angegeben, die ich (wie gesagt) bei europa.politics.blog veröffentlicht habe.

Treffen @ KISS am Dienstag, den 08.08.2023 (18 Uhr): Abhängigkeit & Unabhängigkeit — Wovon sind wir abhängig, wovon unabhängig?

Menschen mit Typ-1 Diabetes sind bekanntlich von Insulin abhängig (bzw. „Insulin-pflichtig“). Wir sind allerdings auch bedacht darauf, unsere „Freiheiten“ ausleben zu können.

Vor Jahrzehten gab es schon mehrere technische Entwicklungen, welche Menschen mit Typ-1 Diabetes in vielen Hinsichten befreiten — darunter die Blutzucker-Messung, auch Basis-Bolus Insulin spritzen, später Insulinpumpen-Therapie.

Neuerdings gibt es nun auch CGM („Continuous Glucose Monitoring“) -Syteme, die allerdings nicht Blutzucker messen, sondern die Glukose-Konzentration im Körpergewebe. Zuerst gab es nur wenige Anbieter solcher Technologie (siehe z.B. „Review of Abbott Freestyle Libre CGM (Continuous Glucose Monitoring) System: Major Software Problems“ [ diabetes.tech.blog/2021/05/21/review-of-abbott-freestyle-libre-cgm-continuous-glucose-monitoring-system-major-software-problems ] ), aber inzwischen gibt es bereits mehrere — allmählich bildet sich ein Konkurenz-Kampf unter den Anbietern dieser Technologien heraus.

Zur Zeit bauen die meisten CGM-Technologien immernoch auf sogenannte „Apps“, die über die Plattformen der derzeit größten Anbieter von solchen Smartphones, die solche „App-Stores“ anbieten (vor allem Apple bzw. iPhone und Alphabet / Google bzw. Android). Zur Zeit ist aber auch immernoch nicht klar, welche Daten von welchen Firmen gesammelt werden, wo diese Daten bleiben, was mit diesen Daten gemacht wird, von Wem, wieso, weshalb, warum, usw.

In naher Zukunft kommen wahrscheinlich noch weitere Technologien hinzu, und die Daten-Lage wird wahrscheinlich noch komplizierter werden. Es bahnen sich zunehmend neue Abhängikeiten an, von denen sich Menschen mit Typ-1 Diabetes mehr und mehr unabhängig machen bzw. befreien müssten.

Inwiefern können wir Menschen mit Typ-1 Diabetes darin unterstützen, sich von solchen medizinisch-technologischen Abhängigkeiten zu befreien?